Rapport des Ritters Hadrian von Sarras

Rapport des Ritters Hadrian von Sarras, bezüglich der Anwesenheit der fürstlich-drachenhainischen Expedition zur Erkundung des Bilchlands

Früh am Morgen des 12 Tages des dritten Xurlmondes brach ein Teil meiner Burgbesatzung Richtung Jolborn auf, um der anreisenden Expedition Platz zu machen. Gegen Abend erwarteten wir diese vor unserem Tor. Allerdings brach die Dunkelheit herein und die Erwarteten waren nicht eingetroffen. Zur Zeit kurz nach der achten Stunde hörten wir in einiger Entfernung Lärm im Wald. Wir bemannten die Mauern mit den wenigen Leuten die wir hatten und spähten und lauschten in die vollmondhelle Nacht.

Einige Augenblicke nachdem der ferne Lärm erstorben war, sahen wir eine Gruppe Reisender auf die Burg zu marschieren: die Expedition war eingetroffen. Im Wald am Fuße des Burgbergs waren sie in einen Hinterhalt geraten und hatten sich mit Soldaten eines bislang unbekannten „blauen Wächters“ ein siegreiches Gefecht geliefert. Rasch waren die Verwundeten versorgt, das Drachenhainer Banner gehisst, den von der Reise Gezeichneten Quartiere zugewiesen, sodass sich alle zum wohlverdienten Mahle setzen konnten. Kaum war dieses beendet, erschien am Tor eine fremdartig gekleidete Frau und bat um Einlass. Dies schien eine der Bilchländischen zu sein. Sie bat die Anwesenden um eine Unterredung im Wald. Nach kurzer Diskussion brach die Mehrzahl der Expeditionsteilnehmer in den Wald auf. Dort trafen sie einen Sippenanführer der Bilchländer, die sich selbst Borharcôner nennen. Dieser teilte ihnen mit, sie hätten möglicherweise Interesse an Gesprächen, diese würden aber erst am nächsten Tage mit einem Stammeshäuptling geführt werden können. Sie würden einen Boten auf die Burg schicken, falls tatsächlich Unterhandlungen stattfinden sollten. Eine weitere wichtige Sache erzählte er den Lauschenden: die Burg war ein Verfluchter Ort. Es sei Teil des Fluches, dass die Verfluchten selbst ihn nicht bemerkten. Die seit Längerem Anwesenden seien nicht mehr zu retten. Die Neuankömmlinge selbst hätten nur noch bis Mitternacht Zeit, sich dem Zugriff des heimtückischen Fluches durch eine Reinigung zu entziehen. Den meisten der Gäste gelang dies. Doch einige fielen mit uns, die wir unter dem Fluch waren, es aber nicht wussten, zu Mitternacht in einen Zustand in welchem wir nicht wir von unserem Geist selbstbestimmt waren, sondern unter der Regentschaft des Fluches. In dieser Zeit bereitete der Fluch uns auf eine Schlachtnacht vor, die mit hoher Sicherheit für uns tödlich geendet hätte. Nach einer halben Stunde war dieser Zustand beendet und ohne Erinnerung daran kehrten wir wieder zu unseren üblichen Tätigkeiten zurück. Im Laufe des Abends hatte es zudem noch einen Zwischenfall gegeben, bei dem einige der Expeditionsteilnehmer zwei Statuetten, die von alters her auf der Burg aufgestellt waren, entwendet hatten und erst nach einer Zeit des Lügens und Verbergens wieder heraus gaben. Hier hatten sich Einzelne nicht mit Ehre gekränzt. Mit dem Plane, den Fluch möglichst rasch, am besten am nächsten Tage, zur Rettung der Leben aller zu brechen, begaben sich alle zu Bett. Dieser Tag begann dann anders als erwartet. Nur kurz nach dem Frühstück baten zwei Ritter um Einlass. Von ihrem Lehensherrn dazu verurteilt eine einjährige Queste zu bestehen waren sie verzweifelt auf der Suche nach Duellpartnern. So kam es, dass nach Auslosung Ritter Martin Dorn und ich gegen die beiden fahrenden Herren antraten, bis nach dem ersten Blut der Sache der Ehre genüge getan war. Plötzlich flog ein Pfeil über die Burgmauer. Bilder waren auf einem um den Schaft gewickelten Zettel gemalt. Nach einiger Zeit waren wir uns einig, dass uns kurz vor Mittag ein Angriff drohte. So machten wir uns bereit. Tatsächlich stürmte zur angegebenen Zeit eine Gruppe Bewaffneter aus dem nahen Wald und zerstörte mit einer Ramme unser Tor. Dann entspann sich ein harter Kampf aus dem sich die Angreifer nach einiger Zeit zurückzogen um wieder im Wald zu verschwinden. Kaum war der Angriff zurückgeschlagen und waren die Verwundeten versorgt, flog ein weiterer Pfeil mit einer Nachricht über die Mauer. Hier gingen die Meinungen, was die Botschaft bedeuten sollte, eher auseinander. Sicher war aber, dass zu einer bestimmten Zeit des Nachmittags sich etwas über den Fluss nähern würde. Wir setzten uns zum Mittagsmahle und teilten uns danach nach verschiedenen Aufgaben in Gruppen auf. Doch die Ausführung der Pläne wurde durch einen sehr unangenehmen Zwischenfall verzögert: Das Essen war vergiftet gewesen und beinahe alle wanden sich in schlimmen Krämpfen. Erst nachdem die Geweihten entsprechende Tränke zubereitet hatten, trat eine Besserung ein. Zum guten Glück waren fähige Geweihte anwesend! Endlich konnte dann das Geplante angegangen werden. Die Besatzung blieb zurück um die Burg zu halten, ein Teil der Gelehrten verfolgte wie schon am Vormittag eine Spur weiter, die zu Informationen über den Fluch führen sollte und der größte Teil der Expedition begab sich ins Tal um zu sehen, was sich auf dem Fluss nähern sollte. Während diese Gruppe unterwegs war, traf ein Händler ein, der versuchte, Lebenskraftnüsse, welche die Schamanin am Abend zuvor als Geschenk gegeben hatte, zu erhandeln. Außerdem erschien eine Gruppe teils Verwundeter Leute, die sich als Flussschiffer auf der Flucht vor Flusspiraten ausgab. Als die Gruppe, die ins Tal abgestiegen gewesen war ohne jemandem oder etwas begegnet zu sein, zurückkam versuchten wir von den Neuankömmlingen jeweils mehr zu ihrem Hintergrund zu erfahren. Es stellte sich heraus, dass der Händler die Wahrheit sprach und an echtem Handel interessiert war. Auch über die Borharcôner konnte man einiges von ihm erfahren.

Die Flussschiffer aber erwiesen sich im Laufe der Zeit als zwielichtige Gestalten. Es war wohl genau anders herum als vorgegeben: Dies waren Flusspiraten auf der Flucht vor der ostarischen Obrigkeit. Ein Teil konnte am End festgesetzt werden, zweien gelang die Flucht. Inzwischen hatten die Gelehrten nach mühevoller Kleinarbeit ein Paket Dokumente entdeckt, das nähere Informationen über den Fluch enthielt. In diesen wurde dargestellt, wie die Borharcôner die Burg verflucht hatten und die Stuerener zwei ganze Besatzungen verloren, ehe sie die Burg aufgaben. Auch Hinweise, wie der Fluch zu brechen sein könnte, waren enthalten. In den weiteren Stunden waren die Gelehrten damit beschäftigt, aus diesen Ansätzen einen sinnvollen Ritus zum Brechen des Fluches zu entwickeln. Die Ereignisse überschlugen sich den Nachmittag über: Ein weiterer Giftanschlag – diesmal auf einzelne Expeditionsteilnehmer – wurde entdeckt und dann die Täterin aufgedeckt. Eine gefährliche stuerenerische Spionen war so unschädlich gemacht worden.

Inzwischen war ein Quartett Borharcôner mit einem ungewöhnlichen Anliegen auf der Burg aufgetaucht: Sie wollten Rat und Richtspruch in einem komplizierten Rechtsfall. Auch diese Angelegenheit konnte von den Mitgliedern der Expedition zur Zufriedenheit geklärt werden. Eine weitere Gruppe war unterwegs, um für das Brechen des Fluches relevante Pflanzen zu pflücken. Unterwegs wurden sie in ein schweres Gefecht mit Stuerenern verwickelt, das sie aber siegreich beenden konnten. Allerdings waren viele Verwundete zu beklagen, die schnell auf die Burg gebracht und versorgt werden mussten. Danach konnten wir uns zum Abendmahle niedersetzen. Bald waren die Vorbereitungen betreffs des Fluches abgeschlossen. In einem längeren göttergefälligen Ritual konnte der Fluch erst sichtbar gemacht und dann beendet werden.

Kaum aber war der Fluch gebrochen, wurde unser nur notdürftig repariertes Tor von einer Gruppe schwer bewaffneter Stuerener aufgebrochen und wir wurden in einen heftigen Kampf verwickelt. Mit Verlusten konnten wir auch diesen Angriff abschlagen. Es drängte sich aber der Verdacht auf, dass jemand den Stuerenern verraten hatte, dass die Burg jetzt nicht mehr verflucht war und es sich nun lohnte, sie wieder zu besetzen.

Es war schon spät jetzt, da näherte sich die Schamanin wiederum unserem nun vollends geborstenen Tor. Sie lud die Delegation zu einer weiteren Unterredung im nahen Wald ein: Es sei nun ein Stammesführer mit wichtigen Botschaften eingetroffen. So machte sich die Delegation nochmals auf, teils schon mit blutigen Verbänden, in den nächtlichen Wald zu marschieren. Auf einer größeren, durch Fackeln erleuchteten Lichtung trafen sie auf den Stammesfürsten der hiesigen Borharcôner. Dieser teilte ihnen mit, dass sie im Laufe des Tages von ihnen durch das Schicksal, die Götter und sie selbst verschiedene Prüfungen unterzogen worden waren. Dies erklärte auch viele der scheinbaren Zufälle des Tages. Die Prüfungen hätten die Heligonier gut bestanden. Daher wolle man das eigene Schicksal in deren Hände legen. Sie übergaben den Verblüfften ein Kind, auf dem wohl die Hoffnung ihres Volkes ruht. Eine Weissagung besagt, dass das Kind, zum Manne gereift, das Volk der Borharcôner aus der Unterdrückung durch die Stuerener führen werden wird. Sie legten dar, dass sie seit einem Jahr mit dem Kind auf der Flucht seien, dass sie am Ende ihrer Kräfte seien und nun das Kind in guten Händen wüssten. Gerade als den Heligoniern das Kind übergeben werden sollte, zeigte es sich, dass die Verfolger näher waren als gedacht: Stuerener stürmten auf die Lichtung und es entsponn sich ein letzter Kampf zwischen schwer gerüsteten Stuerenern einerseits und teils verletzten Heligoniern und leicht bewaffneten Borharcôner andererseits. Auch dieses Gefecht konnte mit letzter, vereinter Kraft gewonnen werden. Allerdings entpuppte sich dabei ein weiterer Teilnehmer der Expedition als Spion und verletzte das Kind auf den Tod. Da opferte sich in höchster Not und Dramatik die Schamanin der Borharcôner und gab ihr Leben für das des Kindes mit ihrem Lebenshauch. Zuletzt waren sich die beteiligten Heligonier und Borharcôner sicher, dass alle Stuerener Kräfte in der Gegend aufgerieben waren und so konnten sich die erschöpften Frauen und Männer nach der Rückkehr auf die Burg noch einen Schoppen Bier oder einen Gewürzwein gönnen.

Bereits am nächsten Tag musste so die Abreise der Gesandtschaft und die Rückkehr meiner restlichen Leute vorbereitet werden. So wird die Gesandtschaft nun mit einem überraschenden Präsent bei Fürst Leomar vorsprechen können und die Mission, Kontakt zu den Borharcônern herzustellen, als erfüllt vermelden können.

 

Gezeichnet, Ritter Hadrian von Sarras, zu Hadriansblick.

Im III. Xurl des Jahres 36 nach Helos Aximistilius III.