Kämpen gesucht!

(Anschlag in sämtlichen heligonischen Städten)
In guten Lohn und Brot gestellt werden heldenhafte Spezialisten, wie wehrhafte Kämpen, felderprobte Magister und gewitzte Fährtenleser.
Als Irreguläre – also unbeeidete Truppen – sollt Ihr Uns, den Drachenhainer Schwertführer, in stuerener Landen Euren getreulichen Beistand und Eure fachmännische Unterstützung bieten, um in gesonderten Missionen dem Fürstentum Drachenhain dienlich zu sein. Der Zeitraum des Einsatzes ist auf den III. Poenamond beschränkt. Interessierte melden sich im Stadtpalast zu Jolbruck.

Gegeben zu Necfurt,
Drachenhainer Schwertführer, Ritter Samuel von Turlach,
im II. Saarkamond 42 n.A.III

An die heligonischen Eindringlinge, jedweden Banners

Wahrlich, lauscht nun dem Canon des Hohen Weisen:

Athial:
So steht das Anramm’sche Relief nun offen, das Zeichen Fuarisfurten frei. Entfesselt ist das Weiße Schild, cam nebst seiner Gleißenden Schar, nach viel Jahrhundertwacht zurücc ins Eidental.

Ragrhial:
Stahl und Aug‘ zerfließet. Feind weicht geblendet und erblicct das Werc. Es soll sein die Zeit der stillen Clingen, auf Schlag folgt Gleißen, auf Stich der Todesglanz, Blutstrom sei Lichterflut. Rot sei Weiß.

Luial:
Das Anramm’sche Relief ist die Herrschaft des Wortes, weiße Eisenbänder bändigen gleichermaßen den Blutrauschenden wie den Kriegslärmenden.

Es waren Eure Farben und Euer Vorrüccen ins seit Jahrhunderte unbesudelte Faerenburg, die dieser Tage Folgen in Gang setzten, die durch ceinerlei Tun noch Handeln rüccgängig zu machen sind!

Wie es die Zeichen zeigen, erklärt sich das Heilig-Herzogtum Stueren nunmehr bereit, vor Ablauf der Clingenheimer Frist, neuerliche Unterhandlung – betreff der Abfassung einer Dehnung der Waffenruhe – von Antlitz zu Antlitz zu gewähren.
Es sei der Unterhändler Obliegenheit, einen rechten Ort der Zusammencunft zu wählen.

Herzog Ruedeger von Heilig-Stueren
Gegeben zu Gyldencron, winters des Jahres 1214,
Dracconianscher Zeitrechnung

(Unter Parlamentärszeichen öffentlich verlesen, in den allianztreuen Neun Städten Necfurt, Orechea und Laurenat, durch ferenmünder Botschafter)

Der Krieg in Stueren – Chronologie ab Ende 41 n.A.III

Der Krieg in Stueren, wenig genug hörte man heuer darüber. Manchem mag dies ein gutes Zeichen sein, doch müssen der Geschichte dieses widerstreitenden Blutvergießens nun von offizieller Stelle neue Abschnitte hinzugefügt werden. So seien dem geneigten Leser die Geschehnisse des letzten Jahres auf den folgenden Seiten zusammenhängend verlautbart:

Ende des Winters 41 bis Frühsommer 42 n.A.III: Die Natur erwacht, der Krieg verbleibt im Winterschlaf
Wieder einmal hatte der gestrenge stuerener Winter den Kampfhandlungen ein Ende bereitet. Die Winterquartiere wurden bezogen. Außer Ausbildung, Drill und Patrouillentätigkeit herrschte jähe Ruhe. Im Niemandsland kam es manchmal zu einem Aufeinandertreffen der Feinde, was mit heftigem Säbelrasseln einherging, doch selten blutig verlief.
Nach den vielen Monden des Krieges, erschöpfender Kämpfe im Hin und Her, schienen zunächst alle drei Parteien ihre Kräfte und Geldsäckel zu schonen. Wie gesagt, kam es zwar ab und an zu kleineren Scharmützeln, aber insgesamt schien keine Seite vorerst größere Anstrengungen unternehmen zu wollen. Dazu Schwertführer Ritter Samuel von Turlach:
„Wir hatten in den letzten Jahren Erfolge erzielt, Gelände gewonnen, den Gegner zurückgetrieben. Aber auch uns hat dies Kraft gekostet. Zusätzlich muss nun jeder Sack Mehl viele Meilen zusätzlich nach vorne gebracht werden. Konsolidierung tut not! Wir sind noch immer Fremde hier, kennen uns noch nicht ausreichend gut aus und sollten sichergehen, dass wir nicht so einfach wieder zurückgeworfen werden können. Zuletzt können wir nicht jedes Jahr für solch große Anstrengungen unsere Kassen plündern.“
Die beiden anderen Parteien schienen es ähnlich zu halten. Ruhig, zumindest nahezu ruhig, blieb es auf den schwertdurchpflügten Feldern.

Sommer 42 n.A.III: Schlag und Rückschlag
Und doch musste sich im Hinterlande der Aurelianer etwas Bedeutsames zugetragen haben. Gerade als das Gerücht einer großen Anwerbung neuer Reisige bis an heligonische Ohren gelangte, befand sich das vergrößerte aurelianische Kontingent auch schon in Marsch gesetzt, gen Mitte des Herzogtums. Die wenigen vorgeschobenen heligonischen Posten fast achtlos beiseite drückend, marschierten die Aurelianer unaufhaltsam und in großer Mannstärke wider das stuerener Kernland, Provinz Faerenburg geheißen. Erst gewannen sie eine Reihe von Scharmützel aufgrund ihrer schieren zahlenmäßigen Überlegenheit, dann banden sie die Verteidiger in einer größeren Schlacht vor Seruaris-Haupt, dem oberen Lauf des gleichnamigen Flusses, aus welcher die Truppen Gräfin Aurelias ebenso siegreich hervorgingen. Von da an gab es für die Eindringlinge kein Halten mehr, und die siegreiche Soldateska drang nahezu unbedrängt auf jenen Boden vor, auf welchen – will man den Angaben der hiesigen Münder Glauben schenken – seit Jahrhunderten keine feindliche Armee mehr vorstieß. Gyldencron, die unberührte Hauptstadt selbst, schien das Ziel und mit einem Mal durchaus in greifbarer Reichweite der Aurelianschen. Im Grunde schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, ehe sie an deren Mauern gelangten und die sagenumwobene Stadt unter schwerer Belagerung stellen würden, denn kaum geschwächt, rückte die Armee Aurelias immer weiter vor.
Dann jedoch folgte mit einem Mal der Wendepunkt. Zunächst verloren die Aurelianer eine kleinere vorgesetzte Truppe Plänkler, die ein Seitental sichern sollte. Dem folgte eine andauernde Anreihung schwerer Niederlagen. Die Berichte, die hierüber ins Lager der Drachenhainer und Ostarier gelangte, schienen allzu wirr und in ihrer Ausgestaltung den irren Schrecken des Krieges geschuldet zu sein: so sprachen geflohene Augenzeugen davon, dass die Sterne vom Himmel gefallen seien und Stueren zum Sieg verholfen hätten. Ja, das Licht selbst sei für die Sache des Herzogtums wider seine Feinde ins Feld gezogen. Wie dem auch sei, letztlich wurden die vormals so großen aurelianischen Vorstoßverbände beinahe vollständig aufgerieben. Die restlichen Truppen zogen sich, mehr flüchtend denn geordnet, zurück, bis sie sich auf der Klamm von Dernfall, mittels rasch wiedervereinter Verstärkungen anhaltend stabilisieren konnte. Am Ende gelang es ihnen am Ufer von Seruaris-Fuß doch noch – ein wenig also hinter den Ausgangspunkt ihrer Kampagne zurückgeworfen – den heraus preschenden Stuerenern mit letzter Kraft Einhalt zu gebieten. Die Kampagne Gräfin Aurelias dauerte somit nicht länger als wenige Wochen an, die Schläge waren rasch und hart gefallen. Ehe die Nachrichten auf heligonischer Seite überhaupt recht verarbeitet werden konnten, trafen bereits neue ein, so dass den Unsrigen wenig Gelegenheit und Handhabe zur direkten Einflussnahme blieb.
Das Einsetzen des Herbstregens setze indes all dem ein jähes Ende, durch Schlamm und Matsch erlahmte schließlich auch die Kraft der nachrückenden Stuerener und neugezogene Frontlinien erstarkten einmal mehr.

Herbst 42 n.A.III: Unsicherheiten
Der Herbst brachte zwielichtes, unsicheres Wetter. Und Unsicherheit machte sich sowohl bei den einfachen Männern im Feld, wie auch unter den Kommandeuren des ostarisch-drachenhainer Allianzheeres breit: Welche schreckliche Waffe hatte der stuerener Feind da zu seiner Landesverteidigung eingesetzt? Was war da dran, an den Gerüchten, der vom Himmel fallenden Sterne, sowie brennender Lichtgestalten, den sogenannten Gleißenden?
Ansonsten, auf allen drei Frontseiten wieder einmal reine Patrouillentätigkeit. Die Zeit der großen Schlachten schien zunächst vorbei, allein ein Ringen um Kenntnisse und Einblicke in die Gedanken und Strategien der anderen ergab sich. Scharmützel fanden daher statt. Routen wurden belagert, Kuriere abgepasst. Männer und Frauen gingen verloren. Aber auch die Unsrigen nahmen Feinde zur Befragung in Gewahrsam. Nach und nach ergab sich ein – wenn auch ungenaues – Bild der misslungenen aurelianischen Sommerkampagne wider Faerenburg. Demnach hatten die Aurelianer, einigermaßen heimlich im abgeschirmten Hinterland, ihre Armee gesammelt und dazu große Mengen an Nachschub, Waffen und Rüstung herbeigeschafft – unter den gegebenen Bedingungen wahrlich keine Kleinigkeit. Dank der gelungenen Überraschung, der zahlenmäßigen Überlegenheit und des taktischen Geschicks, glückte ihnen ein schnelles, weitgehend unbedrängtes Vorankommen, bis kurz über die Grenze des Faerenburger Landesteils, der auch oft als das stuerener Kernland bezeichnet wird. Gemäß den Geschichten der in Gewahrsam genommenen Befragten, schütze der Eine das Kernland vor allem anderen. Dorthin entsende er den Seinen in höchster Not die Gleißenden, jene Lichtgestalten, welche mit großer Macht und Kraft ausgestattet seien. Kein Gegner könne ihnen entrinnen – soweit die Mär.
Alsbald senkten sich hernach die ersten Fröste übers unnatürlich stille Land und manch durchwachte Nacht erlebten die Hauptleute der Unsrigen, dank der einen oder anderen quälender Frage:

Wie viel an den Gleißenden ist Wahrheit, wie viel Übertreibung? Würden jene nun auch gegen die ostarisch-drachenhainischen Truppen ins Feld geführt werden?

Zumindest schien der Herbst wieder eine Handvoll Ruhe zu bringen und etwas mehr Zeit zu verschaffen.

Spätherbst 42: Erste Waffenruhe, mündlich verbrieft
Mit Frost, Nebel und Sturm schien sich wieder anhaltende Erschöpfung auf die drei Kriegsgegner zu legen. Kaum noch wallten Kampfhandlungen auf, jeder hielt sich hinter seinen Linien. Gelegentliche feindliche Begegnungen im Feld beschränkten sich auf bloßes Säbelrasseln und Fäuste schwingen. Dem folgte, was in diesem verbissen geführten Konflikt keiner je erwartet hätte: die ersten Unterhandlungen seit Kriegsbeginn. So geschehen im II. Xurlmond 43 n.A.III, vor den Stadttoren Clingenheims, einer der Neun Städte und erklärtermaßen Gräfin Aurelia hoch verbunden. Beauftragte Sendboten – unbestätigten Gerüchten zufolge ein ranelöcher Schreiber, ein herdner Fellhändler und eine Söldnerhaufen-Anführerin aus Necmund – handelten eine allgemeine Waffenruhe bis zum 20. Tag des III. Poenamondes aus.
Wie genau es zu dieser Zusammenkunft gekommen war, ist bis dato unbekannt. Nicht einmal, auf wessen Initiative hin die Gespräche ihren Anfang nahmen wurde verlautbart. Jener unerwarteten Wendung nicht genug, hielt die vor den Clingenheimer Fluren getroffene Abmachung – allen Unkenrufen zum Trotze – überraschender Weise sogar bis in den Winter hinein stand.

Winter 42: Weitere Wende, Stuerener Aufruf an den Verhandlungstisch vor Ablauf der Clingenheimer Frist
Keiner hatte damit gerechnet, und doch ist es ausgerechnet die stuerener Seite, die Anfang des I. Saarka, in einer öffentlichen Verlautbarung (s.u.), erstmals für eine persönliche Unterhandlung – „von Antlitz zu Antlitz“ – aller drei Kriegsparteien wirbt.
Jedenfalls lesen dies die Kundigen und Verantwortlichen des vereinigten ostarisch-drachenhainischen Allianzheeres aus folgender, recht kryptisch zu lesenden Botschaft, die durch einen ferenmünder Botschafter unter Parlamentärszeichen, in den allianztreuen Neuen Städten Necfurt, Orechea und Laurenat, zu Gehör gebracht wurde. Möge diese Zusammenkunft unter dem Schirm der Vier stehen, damit der Krieg endlich ein Ende habe.

Heliosbotenberichterstatter Lorenz Lodengrün, Bericht basierend auf ausnehmend sicheren Quellen aus dem Felde

Der Stuerenkrieg – aus Sicht der Drachenhainer daheim

Seit Jahren, so hört man, verläuft der Konflikt mit dem Herzogtum Stueren mit mehr oder weniger großer Heftigkeit. Umso erstaunlicher ist es, dass die Öffentlichkeit anscheinend kaum Anteil an diesem Konflikt – oder besser: Krieg – hat. Gut, seit geraumer Zeit ist relative Ruhe eingekehrt. Die Fronten werden – neben den verbündeten Truppen Ostariens – von der Drachenhainer Hausmacht, aus Subsidienregimenter der drei alliierten Neun Städten, namentlich Necfurt, Orechea und Laurenat, angeworbenen Landsknechten, sowie einigen anderen gehalten und der einfache Mann aus Drachenhain steht kaum noch im Feld. Aber es wurde doch das eine oder andere Gefecht geschlagen. Was wurde aus den Mannen, die dort in den Farben der Drachenhainer standen? Kaum etwas war oder ist von ihnen zu hören. Da wohl kaum einer sagen kann, er sei informiert, schickte der Helios-Bote seine Schreiber aus, um den einfachen Drachenhainer zu fragen, was denn nun vom Krieg gegen Stueren geblieben ist. Man sehe es uns nach, dass wir weder Namen noch Orte nennen werden, denn die meisten der Befragten wünschten, dass eben diese ungenannt bleiben. Warum, das bleibt der Phantasie des Lesers überlassen. Wir werden hier also nur ein paar Meinungen wiedergeben, die wir in ganz Drachenhain sammelten.

„Krieg? Nein, vom Krieg selbst habe ich kaum etwas mitbekommen. Aber das Leben wurde nicht gerade einfacher. Vor drei Jahren schon erhob der Vogt das Vorkaufsrecht auf Zugtiere und im Namen des Fürsten wurden alle Zugochsen, Esel und Pferde aufgekauft, die auf den Markt kamen. Der Preis den sie zahlten war gut, aber die Tiere wurden weggeführt und kamen auch nicht wieder. Das ging alles solange gut, bis dem ersten Bauern sein alter Zugochse geschlachtet werden musste. Da gab es dann plötzlich keinen neuen, denn der Markt war leergekauft. Und wenn man einen Ochsen haben wollte, dann waren die Summen plötzlich horrend. Immer mehr Bauern müssen deshalb die Milchkühe vorspannen, die aber nun wegen der schweren Arbeit weniger Milch geben. Die Senner klagen nun, dass die kaum noch Käse machen können und schon so manches Kälbchen war zu mager, um das erste Jahr zu überstehen. Das könnte ich nun so weiterspinnen, aber ich denke ihr wisst, wo das endet.“

„Ach geht mir fort mit diesem Krieg! Alles Korn haben die aufgekauft. Ja, sie haben dafür bezahlt, keine Frage. Ein Beamter kam mit ein paar Bütteln. Der Beamte hat ausgerechnet, wie viel man für Familie, Aussaat und Vieh braucht bis zur nächsten Ernte und den Teil hat er gelassen. Den Rest hat er mitgenommen. Man hatte keine Wahl, ob man verkaufen wollte oder nicht. Beim Peturhof hat aber ein Sturm ein Loch ins Dach gemacht und einen Teil vom Korn verdorben. Und nun müssen sie wohl beim Vogt um Brot betteln, wenn sie über den Winter kommen wollen. Die Handwerker im Dorf unten, die können kaum noch Wandergesellen anstellen. Sie hätten mehr als genug Arbeit und Geld auch, um sie zu bezahlen. Aber für das Geld kann man kaum Brot kaufen und was soll der Geselle beißen, damit der Hunger vergeht? Mögen die Viere geben, dass der nächste Frühling früh kommt, denn sonst wird die Suppe noch dünner, als sie eh schon ist.“

„Wart ihr schon mal im Hafen? Oder im Handwerkerviertel? Jedes zweite Schiff fährt nun in den Norden, um die Truppen zu versorgen. Die Handwerker machen nun mehr Schwerter, Spieße und Rüstungen, statt der Dinge für den Alltag, die sie früher machten. Wenn ihr einen neuen Kessel kaufen wollt dann kostet der doppelt so viel wie vor ein paar Jahren. Die Händler haben kaum genug Waren zu verkaufen, um einen Kahn zu füllen. Und einen Kahn zu mieten kostet Unsummen. Natürlich verdienen die Handwerker gut, aber die Händler gehen vor die Hunde. Es gibt ja kaum was zu handeln.“

„Ihr fragt, ob Fürst Leomar alles im Griff hat? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Der ist seit vielen Monden im Süden von Stueren. In diplomatischer Mission, wie man sagt. Er reist wohl zwischen den Neun Städten hin und her und versucht eine Allianz für die unsrige Sache zu schmieden. Er scheint dort wohl einige Erfolge zu haben, aber genaues kann und darf ich nicht sagen. Mehr Sorge macht mir aber das Fürstentum. Leomar regiert hier durch seine Stellvertreter in den Hohen Ämtern und mittels Anweisungen aus dem Felde. Das reicht fürs Grobe und Ganze, aber die Kleinigkeiten bleiben auf der Strecke. Die ungeklärten Rechtsstreitigkeiten türmen sich auf, weil der Fürst als Richter und Schlichter fehlt. Auch auf der Drachentrutz sind viele Kleinigkeiten offen, trotz engagiertem Burgvogt Kerstan von Tuachall. Eben die Fragen, die man dem Fürsten zwischen Tür und Angel stellte. Ja, die großen Angelegenheiten des Fürstentums sind gut geregelt, aber die Kleinigkeiten? Und seine Gemahlin kann auch nicht alles abfangen, schließlich muss sie auch Tlamana regieren. Ob das schlimm für unser Land ist? Im Moment nicht, aber auf Dauer wohl schon. Ein stolzer Palast zerfällt nicht von heute auf morgen. Es beginnt mit kleinen Rissen. Die Risse aber wachsen, das sehe ich. Hoffentlich kommt er bald wieder, unser Fürst.“

„Krieg? Keine Opfer? Eine Lüge! Natürlich gibt es Opfer! Unser Ort sandte 20 tapfere Männer aus. 20! Und ein Jahr später, da kamen nur noch 14 zurück. Wo die anderen waren? Im Feld geblieben. Tot. Mausetot! Einige hätten die Höfe der Väter übernehmen sollen und nun ist kein Erbe da. Andere hinterließen Frauen und Kinder, die nun selbst schauen müssen, wo sie bleiben. Von den 14 aber, die zurückkamen sind auch nicht alle gesund. Drei haben tiefe Wunden erlitten. Von denen geht es dem Majes noch am besten. Der hat ein Auge verloren. Sieht nicht hübsch aus, aber wenigstens kann er seine Arbeit als Bauer noch machen. Der Wiedemann, der war Drechsler und dem haben sie eine Hand abgeschlagen. Nun sitzt er in Lumpen unten am Südtor und bettelt sich sein Brot zusammen. Drechseln mit einer Hand, das geht einfach nicht. Am unheimlichsten ist es aber beim Jockel. Der sitzt den ganzen Tag mit starrem Blick auf dem Hof. Mal sagt er fünf Tage nichts, mal redet er wirres Zeug, mal schlingt er die Arme um seinen Leib und wiegt sich selbst. Sie sagen er würde auch nachts da sitzen. Er war mal groß, stark und schön, jetzt ist er wie ein Gespenst und seine junge Frau, die verzweifelt an ihm. Der Leib vom Jockel hat nichts abbekommen, aber der Krieg hat seine Seele getötet, so sagen manche.“

„Man muss machen, dass der Krieg weggeht, sagt meine Mama. Ich will meinen Papa wieder haben und wenn der Krieg weggeht, dann kommt der Papa wieder, sagt die Mama. Mama muss auch viel weinen wegen dem Krieg. Ich mag nicht, dass die Mama weint.“

Der geneigte Leser möge selbst darüber befinden, wie diese Meinungen von verschiedenen Drachenhainer Bürgern zu verstehen sind.

Gesammelt und zusammengestellt in den Xurlmonden des Jahres 42 n.A.III,
vom Freien Schreiberling Henman Jettenstall